Fernseher in der Palmeria
Wie finden Sie eigentlich die Fernseher in der Palmeria?
Wenn ich mit anderen zum Essen gehe, dann merke ich, dass sie mich ablenken – und ich setze mich möglichst so, dass ich sie nicht sehe.
Anders ist es, wenn ich alleine da bin. Dann setze ich mich falls möglich so, dass ich sehen kann, was gesendet wird. Und oft merke ich nach einiger Zeit, dass das keine gute Idee war: Zur Suppe gibt es Krisen, über den Hauptgang fallen Kriegsberichte her, und mit den neuesten Corona-Zahlen schmeckt mir der Nachtisch nicht mehr…
Aber der Mensch vergisst schnell: Beim nächsten Mal setze ich mich wieder Richtung Fernseher.
Manchmal aber bleiben die Bildschirme schwarz. Ob ein System dahintersteckt, wann sie an und wann sie aus sind, habe ich noch nicht herausgefunden.
Zuerst ärgere ich mich: Wie soll ich jetzt wissen, was in der Welt vorgeht, ohne Bilder und Newsticker?
Doch dann passiert oft etwas Eigenartiges: Ich nehme mein Essen bewusster wahr und esse langsamer; mein Magen dankt es mir meist. Ich merke, dass ich gar nicht allein in einer Nachrichten-Blase sitze, sondern dass um mich herum viele Menschen sind. Ich entdecke ein bekanntes oder vertrautes Gesicht. Ich sehe, wie Menschen miteinander reden, gestikulieren, lachen. Ich schaue zu den Fenstern hinaus, und mir fällt auf einmal auf, dass es ja so Dinge gibt wie „draußen“ oder „Wetter“. Und wenn alles gut läuft, kommt mir sogar ein kluger Gedanke. Oder mir fällt etwas Schönes ein, das ich kürzlich erlebt habe – oder etwas, auf das ich mich freue. Und ich merke, wie „gute Nachrichten“ mich auffüllen – statt der meistens schlechten Nachrichten aus dem Fernseher. In der Regel stehe ich dann besser gelaunt vom Essen auf.
Das wäre doch mal was für die Adventszeit: Meine Aufmerksamkeit auf die „guten Nachrichten“ zu lenken. Das aufzunehmen, was mir guttut – und was mir dann auch hilft, mit all den „anderen Nachrichten“ umzugehen.
In der Adventszeit könnte das auch heißen:
„Schau an, Gott kommt in diese Welt, so wie sie ist, und zu mir, so wie ich bin.“
Oder: „Euch ist heute der Heiland geboren“.
Eine frohe Adventszeit wünscht Ihnen
Pfarrer Johannes Eunicke
Evang. Klinikseelsorge am Internistischen Zentrum