Die Geschichte eines Einkaufs
oder wie ich zur Heiligen Barbara kam
Während eines Urlaubs entdeckte ich ein neues Geschäft. Wo früher Outdoorsachen verkauft wurden, fand ich einen Trödelladen. Wenn ich es richtig verstand, war das Geschäftsmodell folgendes: Menschen brachten ihre ausgeliebten Sachen und diese wurden für einen guten Zweck verkauft.
Da die Abfahrt meines Busses noch dauerte betrat ich den Laden. Es gab zwei Geschosse, die durch eine Wendeltreppe verbunden waren. Unter der Ladendecke auf der Krone der Wendeltreppe entdeckte ich eine Heiligenfigur mit einem Turm in der Hand. Diese etwa dreißig Zentimeter große, farbige Holzfigur weckte mein Interesse. Kurz entschlossen fragte ich den Ladenbesitzer, ob er sie verkaufen würde. Der Verkäufer stutze ein wenig, wunderte sich, dass ich die Figur entdeckt hatte, und meinte, es sei wohl an der Zeit, dass er sich von der Heiligen Barbara trenne. Sie hätte ihm immer Glück gebracht. Wir wurden uns über den Preis schnell einig und er machte sich daran, in einer waghalsigen Aktion auf das Treppengeländer zu steigen und die Figur von höchster Stelle herunter zu angeln. Auf meinen zugegeben etwas vergeblichen Einwand ob der Gefährlichkeit dieses Kletteraktes antwortete er mir voller Überzeugung: wenn jetzt etwas passieren würde, dann hätte die Heilige Barbara ja wohl keine Kraft als Schutzheilige und Nothelferin.
Gerügt ob meines Kleinglaubens schaute ich zu, wie der Verkäufer die Heilige in Zeitungspapier und eine grüne Plastiktüte verstaute und mir überreichte. Mit gemischten Gefühlen verließ ich den Laden. Einerseits bewusst, einen Schatz nach Hause zu tragen, andererseits ließ ich den Verkäufer verwaist, ohne seine Schutzheilige zurück.
Heute steht die Heilige Barbara bei mir zu Hause im Wohnzimmer, und ich frage mich des Öfteren, ob das alles Zufall war, dass sie heute bei mir ist? Ja, wir brauchten etwas Zeit uns nach dem spontanen Kauf miteinander anzufreunden. Aber das Vorbild einer mutigen Frau, die Ihren Weg entschlossen ging, bewirkt eine große Kraft und Ermutigung, gerade, wenn es mal nicht so läuft.
Zum 4. Dezember, dem Gedenktag der Heiligen, werde ich Kirschzweige, sogenannte Barbarazweige, besorgen und in die Vase stellen, denn ich glaube an Wunder! Wie der Verkäufer der Heiligen Barbara tief im Inneren wusste, dass sie ihn beschützt, so vertraue ich darauf, dass die unscheinbaren und kahlen Zweige in drei Wochen an Weihnachten Blüten und junges Grün hervorbringen werden.
Diese unterschiedlichen, aber in jedem Fall staunenswerten Beispiele mögen Sie einladen, darüber nachzudenken, welchen Wundern Sie in ihrem Leben schon begegnet sind. Was fällt Ihnen da jetzt alles ein?
Dr. A. Abraham
Ehrenamtliche Klinikseelsorgerin