„Nein, wir haben noch keinen Herbst“, dachte ich mir – und tackerte das zu Boden gefallene Blatt wieder an den Baum. Ich möchte noch länger Sommer haben – auch wenn ich dann bestimmt schimpfen würde, wie heiß es ist.
Ich nehme meinen Tacker wieder mit nach Hause – und frische mein Grundschulwissen über die Überlebens-Strategie der Bäume im Herbst auf. So also ist das, erinnere ich mich:
1. Der Baum holt sich, was er braucht:
Im Herbst entzieht der Baum den Blättern so viele Nährstoffe wie möglich und lagert sie im Stamm und in der Wurzel ein. Besonders das Chlorophyll, das für die grüne Färbung sorgt und viel Stickstoff enthält. Und so bleiben die gelblichen und rötlichen Carotine übrig. Die Farben, die wir am Herbst so lieben.
2. Der Baum trennt sich von dem, was er nicht braucht:
Darum wirft er seine Blätter ab. Über die Blätter verdunstet der Baum Wasser. Wenn aber der Boden gefroren ist und der Baum kein Wasser nachschießen kann, vertrocknet bzw. verdurstet er.
Ich lege meinen Tacker aus der Hand und überlege:
Wie komme ich gut durch den Winter?
Was muss ich loslassen – oder was will ich loslassen, weil ich es im Moment nicht mehr brauche?
Was nährt mich? Wie hole ich mir das, was ich brauche?
Und: Wofür, oder für wen setze ich meine Energie ein? – und wofür nicht (mehr)?
Fragen, die mich begleiten können.
Antworten, die mich durch Winter-Zeiten tragen können.
Ich wünsche uns eine gute Herbst- und Winter-Zeit!
P.S.: Manche Bäume haben eine andere Strategie und behalten ihre Blätter im Winter: Die meisten Nadelbäume. Die Hainbuche und manche Eichen-Arten. Warum?
Und: Welche Strategie passt zu Ihnen und Ihrem Leben? –
Das beides müssen Sie selber rausfinden ;-)
Herbstliche Grüße,
Ihr Pfarrer Johannes Eunicke
Evang. Klinikseelsorge