Es ist nicht zu fassen!
Fassungslos liegt ein*e Patient*in im Bett: „Es ist nicht zu fassen. Mir sollten Metastasen wegoperiert werden – aber sie sind nicht mehr da. Ich kann heimgehen!“ Die gute Nachricht hatte ihn/sie völlig übertölpelt. Was? Wie? Das kann nicht sein! Ist es aber doch. Wahnsinn, ich fasse es nicht!
Nun, einmal in meinen 16 Jahren an der Uniklinik ist mir genau diese*r Patient*in begegnet. Doch dazu viele andere, die ihr Glück (noch) nicht fassen konnten. „Nochmal von der Schippe gesprungen“ heißt es dann, oder „Gott sei Dank, nach all den Jahren, jetzt ist es erst mal überstanden. Kaum zu glauben.“
Wie gehen Sie eigentlich mit etwas um, dass Sie überrascht, das kaum zu glauben und nicht wirklich zu fassen ist?
Ich mache mir so etwas und die Auferstehung in kleinen Worten und Alltäglichkeiten wenigstens annähernd begreifbar. Wenn eine Therapie anschlägt, wenn wir Krankheiten lindern, heilen und überleben, an denen mein Großvater noch gestorben ist. Wenn zwei sich verlieben und keiner versteht wieso. Wenn jemand auf Hoffnung lebt gegen jede Prognose. Wenn ich nicht verstehe, wie man so ein wunderbares Schokoladeneis zaubern kann. Und, ja, auch wenn die Natur aufblüht und nicht nur ein Baum, ein einzelner hochkomplexer Organismus lebt, sondern alle Lebewesen unseres Planeten, miteinander vernetzt. Ein Wunder. Manchmal kann ich sogar wirklich staunen, wenn die Sonne wieder aufgeht. Das Leben siegt eben doch!
So nähere ich mich dem an, was ich mit dem Verstand nicht wirklich fassen kann: Die Auferstehung Jesu Christi als Lebensretter. Der Weg vom Leiden (Kreuz) ins Grab und wieder heraus. Muss ich das verstehen, erklären können? Nein. Kann ich darauf hoffen, daran glauben? Ja. Schadet mir das? Nein. Hilft es mir durch die Tage? Aber sicher doch.
Die Evangelisten erzählen, dass selbst die engsten Freundinnen und Freunde Jesu erst glauben konnten, nachdem sie dem Auferstandenen persönlich begegneten. Und meist in einer Gruppe, der allerersten Gemeinde. Deshalb möchte ich Sie einladen: Wenn Sie auf der Suche sind nach einem Sinn, einer Hoffnung, oder Gott – probieren Sie das gerne einmal in einer Gruppe aus. Das kann eine Kirchengemeinde sein, ein Ostergottesdienst, aber auch eine Moschee, ein Tempel … wo und wie Gott Ihnen begegnen will, in welcher Religion, das ist ja immer noch seine Entscheidung. Versuchen Sie es doch mal: Hoffnung, ohne deren Wirkmechanismen genau zu verstehen.
Am Ende zurück zum Bild. Einer der Steine zeigt, etwas versteckt, viel Hoffnung. Kreuz und leeres Grab sind klar. Aber der Fisch ist nicht mehr ganz so geläufig. Die frühen Christ*innen machten ihn zu ihrem Symbol. Denn das griechische Wort für Fisch, Ichtys, (ΙΧΘΥΣ) ist ein Akronym. Diese griechischen Buchstaben geben als Anfangsbuchstaben einzelner neuer Wörter zusammengesetzt die Bedeutung „Jesus Christus, Sohn Gottes, Erlöser.“
Ich wünsche Ihnen im Namen der Klinikseelsorger*innen gesegnete, frohe Ostern!
Ihre Klinikseelsorge
Pfarrer Frank Nie
Chirurgisches Zentrum