Palmsonntag, 24. März 2024

Wasserrad
Bildrechte Johannes Eunicke

Hamsterrad oder Schöpfrad?

Manchmal komme ich mir vor wie in einem Hamsterrad.
Eine Krise jagt die andere: Um mich herum – und manchmal in meinem Leben und im Leben von Menschen, die mir wichtig sind.

Ich renne und renne, damit ich hinterherkomme. Ich habe Angst, dass ich sonst hin-und hergewirbelt werde, die Kontrolle verliere.
Aber: Rausspringen aus dem Hamsterrad – schaffe ich das? Traue ich mich? Immerhin, rennen kann ich. Einfach geradeaus rennen, das bin ich gewohnt, da bin ich ziemlich sicher. Zum Rausspringen brauche ich zumindest etwas, das mich lockt.

Mir fallen die Wasserschöpfräder ein, die sich von Frühling bis Herbst in der Gegend um Möhrendorf drehen und deren Methode der Wiesenbewässerung inzwischen von der UNESCO zum Immateriellen Weltkulturerbe erklärt wurde.

So ein Wasserrad, das hätte was:
Es dreht sich scheinbar von ganz allein. Es nutzt die Kraft des Wassers – und es macht etwas damit: Wiesen wässern. Man könnte damit auch Strom erzeugen, Mehl mahlen oder Eisen schmieden.

Ich wünsche mir so ein Wasserrad für mein Leben: Ein Rad, das aufnimmt, was um mich herum an Energie und Bewegung ist, und etwas daraus macht: Etwas, das gut tut. Das hilft. Das Leben spendet. Und bei dem ich auch noch erfrischendes Wasser zapfen kann. Und ich muss nicht selbst darin rennen und rennen.
 
Mir fällt ein: Sowas gibt es!
Besonders in der Passionszeit erinnern wir uns daran, dass Jesus den Krisen nicht ausgewichen ist. Er ist durch sie hindurchgegangen, weil er die Verbindung mit Gott gehalten hat. Und darum kann er uns „Wasser des Lebens“ anbieten: „Wer Durst hat, der soll zu mir kommen und trinken!“ (Joh. 7,37).

Gerne möchte ich das immer wieder versuchen:
In der Verbindung mit ihm kann ich auftanken, Kraft schöpfen. Verbunden sein mit der Quelle des Lebens. Frisches Wasser zapfen.

Und dann kann ich mich wieder dem widmen, was in meinem Leben und meiner Welt gerade passiert, gestärkt und mit neuer Kraft.

Daran dürfen mich die Möhrendorfer Wasserschöpfräder gerne erinnern.

Pfr. Johannes Eunicke
Evangelische Klinikseelsorge, INZ und Kinder- und Jugendpsychiatrie