Adventsmail - 11. Dezember 2023

Licht und Trost
 

„Ach sei doch bitte so lieb und hole ein paar Äpfel aus dem Keller!“ Es gab kaum etwas, das mir während meiner Kindheit mehr zuwider war, als diese Aufforderung meiner Mutter. Bedeutete das doch die schmalen Treppenstufen hinabzusteigen in das enge, dunkle Kellergewölbe. Kühle Luft umhüllte mich. Seltsame Schatten huschten an der Wand entlang. Dickbeinige schwarze Spinnen krabbelten in rasender Geschwindigkeit über den Boden. Hinter jedem hohen Holzregal vermutete ich Unheilvolles. Gegen die Angst sang ich laut mit „Du bist das Licht der Welt, ……“ an. Wie schön war es dann, wieder oben zu sein, umstrahlt vom hellen Licht.

So wie es mir ergangen ist, ergeht es vielen, sowohl Kleinen als auch Erwachsenen, bis heute. In der Dunkelheit fühlen sie sich nicht sicher. Wo Licht aufstrahlt, wissen sie sich geborgen.

Licht und Dunkelheit sind stetige Begleiter in unserer Zeit. Die Straßen im Lichterglanz, viele Fenster blitzen und blinken und kaum ein Wohnzimmer ohne die gerundete Tanne mit vier Kerzen. Das ist für mich Ausdruck einer besonderen Sehnsucht nach dem Licht.

Wenn es ein Gefühl gibt, das die hinter uns liegenden Wochen besonders kennzeichnet, dann ist es wohl die Erfahrung von Finsternis, das Durchleben der nicht enden wollenden Ungewissheit.

Mitten in der dunklen Jahreszeit feiern wir das Weihnachtsfest. Die Weihnachtsbotschaft ist Trostbotschaft für mich. Dieser Trost ist keine Garantie für ein angstfreies Leben, ein Leben voller eitel Sonnenschein. Trost im Sinne der Bibel heißt für mich: Gegenwart Gottes mitten in der Angst. Dass er uns nicht allein lässt hier in Raum und Zeit. Angst hat unzählige Gesichter: Die Angst vor der Einsamkeit und dem Älterwerden. Die Angst, abgeschoben und vergessen zu werden. Die Angst vor der Zukunft, die quälende Erinnerung an die Vergangenheit. Damals, als alles so schön und so anders war. Unserer Ohnmacht stellt Gott seine Allmacht gegenüber. Licht kommt in die Finsternis, Freude in die Angst. Das Kind in der Krippe bringt das Licht der Welt. 

Weihnachten, das ist das Fest der Hoffnung für mich. Nicht Dunkelheit und Finsternis sprechen das letzte Wort, sondern das Licht, das vom Kind in der Krippe ausgeht. Es ist das Licht der Ewigkeit, das hereinbricht in die Zeit und alle Dunkelheit besiegt.

Mein Weihnachtswunsch: Machen Sie sich auf zur Krippe. Finden Sie dort das Licht, das unsere Finsternis zerbricht, den Frieden, den die Welt nicht geben kann, das Leben, das den Tod überwindet.

Wer an der Krippe war, geht zurück in die Zeit als einer, dem die Ewigkeit begegnet ist. Er hinterlässt Spuren.

Andrea Rank
Ehrenamtliche Klinikseelsorgerin