Adventskerzen
Auaaah! So ein Mist! Jetzt habe ich mich verbrannt. Das passiert, wenn man morgens vor den ersten zwei Tassen Kaffee eine Adventskerze anzündet. Ein hoher Kerzenrand, ein senkrecht gehaltenes Streichholz, mit den Gedanken noch im Land der Träume.
Die Haut wölbt sich die zusehends nach oben zu einer Kuppel. Eine große Brandblase, so eine extrem schmerzhafte. Wenn ich den grünen Kranz auf dem Tisch nur angucke, spüre ich das Brennen in meinen Fingern. Das hat furchtbar wehgetan. Meine Kinder finden den Kranz klasse, ich kann dem grünen Rund im Augenblick nichts mehr abgewinnen.
Eigentlich passt das ja in die Adventszeit. Die einen finden die Adventszeit herrlich, andere erinnert sie an schmerzhafte Erlebnisse. In dieser Zeit ist des Öfteren in ganz besonderer Weise spürbar, was in Beziehungen oder in Familien nicht geklappt hat. Wo es schmerzhafte Verbrennungen oder Wunden gibt, oder wo ich jemanden vermisse. Und dann sieht man nahezu überall diese Adventsbräuche und diese dicken leuchtenden Kerzen. Das tut weh. Das lässt sich auch nicht unter den Teppich kehren oder mit Zuckerguss oder Schokolade glasieren und in Harmonie umwandeln.
Für mich haben die Adventskerzen dazu noch eine andere Bedeutung: Ihre Brenndauer ist nicht unendlich. Die brennenden Flammen lassen sie sukzessive kleiner werden. Und immer, wenn ich das Brennen spüre, weiß ich: das wird nicht für immer so sein. Es wird im Laufe der Jahre immer schwächer werden. Und wenn auch manches hier in Raum und Zeit ungelöst bleibt, weckt das Hoffnung in mir.
Es geht letztlich im Advent um ein ewiges Licht, auf das die endlichen Adventskerzen hinweisen. Dieses himmlische Licht bestrahlt meinen irdischen Lebensweg, gibt mir Orientierung und Wärme und weist mir die Richtung.
Andrea Rank
Ehrenamtliche Klinikseelsorgerin