Adventsmail - 23. Dezember 2024

Adventskranz mit vier brennenden Kerzen
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Die Tür nach Bethlehem

Von beeindruckender Macht und Pracht sind oft die großartigen, überaus kunstvoll gestalteten Tore der asiatischen Tempel oder die gewaltigen Portale unserer mittelalterlichen Kirchen und Kathedralen. Eine schier unfassbare Fülle an Gedanken, mythischen und volkskundlichen Einflüssen, zeitlose wie zeitbedingte Glaubensvorstellungen tun sich vor den Augen der Betrachter auf. Und diese Portale und Tore wollen immer auf eine Absicht oder auf ein Geheimnis „dahinter“, jenseits der Pforten und Türen hinweisen.

120 cm x 80 cm, das sind die Maße der Tür nach Bethlehem. Denn so hoch und so breit ist die Tür, die in das Innere der Geburtskirche führt. Und es gilt genau hinzuschauen, um die kleine, unscheinbare und schmucklose Türe, die in das Innere der Kirche führt, nicht zu übersehen.

Was für ein Symbol ist dieser kleine Eingang.

Ob Mann oder Frau, Tourist, Pilger, Präsident, König und selbst der Papst – ausnahmslos für alle gilt es sich zu „bücken“, sich zu „beugen“, sich „klein“ machen, um in das Heiligtum hineinzugelangen.

Aus Angst vor Eroberern wurde vor Jahrhunderten das einst große, prächtige Tor verkleinert, denn niemand sollte hoch zu Ross die Geburtskirche stürmen können. Damals eine militärische Notwendigkeit, heute der einzige Weg, um zur Krippe gelangen zu können.

Für jede und jeden Erwachsenen, der zur Krippe nach Bethlehem kommt, gilt es, sich zu bücken, sich klein zu machen und nach unten zu schauen – damit er Gott finden kann. Der für uns Menschen und zu unserem Heil sich in Jesus „hinab-gebeugt“ hat bis zum Tod am Kreuz, damit wir Menschen erlöst und aufgerichtet werden.

Eindrucksvoller als alle wohl ausformulierten Gedanken ist jedoch das Zeichen:

Wir Erwachsenen müssen uns beugen, um durch die Tür nach Bethlehem zu gelangen.

Das soll keine Entwürdigung oder Erniedrigung sein – ist aber sehr wohl eine Bremse für menschliche Überheblichkeit und Größenwahn. Und ein Zeichen:

Gott ist eben im Kleinen, im Schwachen mächtig und bei denen zu finden, die am Boden liegen.

 

Katholische Klinikseelsorge Joachim Lindner